Ammerländer Impulse - Wöchentliche Gedanken zur Zeit

Vergleiche

 

 

Ein Mensch sitzt vorm Kamin und denkt über sein Leben nach. Was gewesen ist. Wo er jetzt steht. Was er sich erarbeitet hat. Aber auch: Was ihm Gutes geschehen ist. Was ihm an Fügung widerfahren ist. Was ihm geschenkt wurde. Und das ist viel.

Der Mensch ist dankbar. Und er spürt es in sich. Wie gut sich letztlich alles doch gefügt hat, dass er zurückblicken kann auf ein gelungenes Leben - und auf die Annehmlichkeiten, die es jetzt für ihn bereithält. Das bewegt ihn.

Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. Deshalb spricht er Gott an und sagt: „Danke. Danke für diesen Weg. Dass du mich sicher geführt und geleitet hast, dass ich nicht auf Abwege geraten bin. Dass ich hier angekommen und nicht falsch abgebogen bin. Aus mir hätte unter anderen Bedingungen ja auch was ganz anderes werden können: Ein Getriebener, Griesgrämiger, Heuchler; oder vielleicht ein Bettler oder Verbrecher. Dass du mich diesen Weg geführt hast und nicht einen anderen: Dafür danke ich dir, Gott, aus meinem tiefsten Herzen.“

Ganz woanders an einem anderen Kamin ein anderer Mensch: Dem kommen ganz andere Dinge in den Sinn. Momente, in denen er versagt hat. Momente, in denen er einen falschen Weg eingeschlagen hat, in denen er Mist gemacht hat. Momente, die er bereut. Tief bereut. Auch er ist bewegt davon, hält sich die Versäumnisse vor. Und sagt zu Gott: „Verzeih mir. Wie konnte ich nur? Meine Schuld lastet auf mir. Es tut mir so leid, was ich getan habe. Gibt es noch einen Weg da raus, dann zeige ihn mir. Bitte! Und ich will tun, was ich kann, um zu heilen, was ich zerbrochen habe.“

Eine solche Geschichte gibt es in Lukas 18, dem heutigen Evangelium. Der Dank­bare ist dort ein Pharisäer, der Geknickte ein Zöllner, der im Tempel vor Gott seine Scham zusammenfasst in dem Satz: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ Und über diesen Zweiten sagt Jesus: “Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener.“

Klare Sache, wie es scheint. Wer das Gelungene sieht, seinen Weg damit als besser und sich damit als was Besseres sieht, ist auf dem Holzweg. Wer dagegen seine Fehler einsieht und bekennt, geht gerechtfertigt in sein Haus. Und da ist auch was dran. Vielleicht sollten wir tatsächlich öfter mal unser Versagen vor Gott bringen.

Und dennoch: so schwarz-weiß ist die Welt doch gar nicht! Wir kennen doch auch beide Seiten an uns. Und nur weil ich dankbar bin, sehe ich mich nicht gleich als was Besseres an (wobei, wenn ich ehrlich bin, manchmal vielleicht schon …).

Doch Vorsicht: Wer sich jetzt besser fühlt, weil er seine Schuldgefühle eingesteht, tut letztlich nichts anderes, als sich zu überheben. Die Lösung liegt nicht darin, sich selbst zu geißeln. Sondern darin, Schluss zu machen mit allem Vergleichen.

Besser und schlechter als andere sind wir sowieso alle, kommt nur auf den Bereich an. „An die eigene Nase fassen“, sagt der Volksmund. Und das dann in Gottes Hand legen, sagt unser Text.

Dann wird klar, wie wenig die eigenen „Errungenschaften“ im Angesicht Gottes zählen. Dass wir eigentlich gar nichts vorzuweisen haben, uns stattdessen ganz ver-lassen können - auf Gott. Bei ihm ist niemand besser oder schlechter, sondern alle gleich bedürftig - und gleich geliebt!

Denn Gott nimmt jeden Menschen so, wie er ist. Und er nimmt ihn darin an. Wer das erlebt, wirklich angenommen zu sein, kann Schwächen bekennen und zugleich dankbar sein. Und wenn das dann auch noch auf andere abfärbt - das Annehmen -, um so besser…                                                                         AMEN

Tessen v. Kameke, Schulpfarrer an der BBS Wechloy

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